Morgen um 10 am Bahnhof wird es langsam hell. Hier in Sibirien sind die Tage um die Weihnachtszeit nur relativ kurz und Tageslicht gibt es etwa von 10-17 Uhr. Das kommt mir noch kürzer vor als bei uns in Deutschland. Es ist wunderbar draußen: klarer Himmel, leichter Wind und nicht mal so kalt : -21°C am Bahnhof in Omsk.
Winterlich kalt am Bahnhof in Omsk
Und dann werde ich abgeholt von meiner Gastgeberin, die noch von Ihrem Vater begleitet und gefahren wird. Palina ist ein Christkind – genau an Weihnachten ist sie 16 geworden. Sie ist sehr aufgeweckt und schon sehr selbständig. In Deutschland lebt sie seit Sommer letzten Jahres mit Ihrer Oma in Hof, um das deutsche Abitur zu machen und in Deutschland zu studieren.
Kennengelernt haben wir uns, als sie mit Ihrer Oma meinen Vortrag in Hof besuchte: „Russland aus der Sicht eines Deutschen, der russisch versteht“. Nach dem Vortrag haben wir uns unterhalten und sie hatte mich zu sich nach Omsk eingeladen. Wen das überrascht – das ist Russland wie ich es kenne: sehr herzliche Menschen, spontan und gastfreundlich. Und bestimmt ein wichtiger Grund, warum ich das Land liebe. Danke Palina!
Sie ist genau an ihrem Geburtstag nachmittags aus Deutschland in Omsk angekommen. Dort wurde sie überglücklich von ihren Eltern empfangen. Aus dem Heimweg mussten sie noch einen kleinen Umweg machen, um Einzukaufen. Dabei blieb Palina fast das Herz stehen, als sie auf eine Plakatwand schaute:
Geburtstagsgeschenk für das „Christkindl“
Dieses Geburtstagsgeschenk hat sie total überrascht – sie konnte ihr Glück gar nicht fassen. Obwohl inzwischen schon einige Tage vergangen waren, war sie immer noch aufgeregt, als wir dort vorbeigefahren sind.
Und auf dem Heimweg sahen wir dann noch einige interessante Gebäude und Denkmäler, von denen ich besonders das Denkmal „Дружба народов“ (Freundschaft der Völker) noch zeigen möchte.
Denkmal Freundschaft der Völker
Palina hat mir dann noch den Sinn des Denkmals erklärt: dass Russland zu allen Leute freundlich ist und Sie willkommen heißt. Russland wird von außen sicher sehr unterschiedlich wahrgenommen, vor allem wenn die internationale Politik das einzige ist, was man kennt. Mir scheint das mit der Freundschaft der Völker inzwischen als ein wesentliches Merkmal der Menschen hier zu sein, die genau das leben und auch ausdrücken.
Ich habe Polina und ihre Oma auch nach der Präsi kennengelernt! Sie sind wirklich sehr sehr nette Leute! Freue mich, dass ihr euch noch in Sibirien getroffen habt!
P.S. hab in Moskau an der Russischen Universität für Völkerfreundschaft studiert)))))
Hallo Ekaterina,
War das mit der Völkerfreundschaft dann von mir richtig dargestellt? Kannst du dazu mehr sagen? Insbesondere interessiert mich das bezüglich Land und Leuten, weniger bzgl. Politik
LG Christian
Hallo Christian,
ich glaube, solche Denkmäler sind eher eine Ausprägung davon, was das Thema „Völkerfreundschaft“ in der sowjetischen Zeit bedeutete. UdSSR hat in sich ja nicht nur 15 sowjetische Republiken vereinigt, aber auch viele andere Länder unterstützt. Naja, diese Unterstützung hatte einen starken politischen Hintergrund, aber gut war die auch.
Z.B. meine Uni wurde1960 gegründet, um die Studenten von den frisch dekolonisierten afrikanischen Ländern einzuladen und auszubilden. Das finde ich auch heute sehr toll, weil einige ehemalige Kommilitone von mir kaum andere Möglichkeiten haben eine gute und kostengünstige Ausbildung in ihren Heimatländer zu bekommen.
Hast du in Moskau WDNH (ВДНХ – Ausstellung der Volkswirtschaftlichen Errungenschaften der UdSSR (WDNCh) besucht? Da kann kann man diese Atmosphere der Völkerfreundschaft besonders gut erleben))
Aber ich würde sagen, dass heute Russland nicht so offen und freundlich für die anderen Völker ist. Diese Völkerfreundschaftpolitik ist leider schon vorbei…
LG
Ekaterina
Ja, Freundschaft der Völker – und der Menschen = Bruderschaft der Menschheit – dann bräuchten wir uns nicht mehr einzuschliessen – denn im Herzen sind alle gleich – egal welche Religion, Rasse oder Hautfarbe.